Freundschaften

Taschenuhr an einer Kette

Ich habe vor ein paar Tagen etwas gelesen wie das Freundschaften durchschnittlich 24 Jahre halten.
Irgendwo in dem Dreh. Knapp über 20 Jahre.
Da frage ich mich, wie manche Menschen es schaffen, Jahrzehnte später noch Freundschaften zu ehemaligen Schulkameraden zu halten?

Meinen ältesten Freund kenne ich jetzt um die 30 Jahre. Ein „Nachlass“ meiner Pseudo-Zeiten, dem Chatten vor dem Internet. Es könnten auch 33-34 Jahre sein.

Zu meinen Schulkameraden habe ich keine Kontakte mehr. Ich habe zwar im letzten halben Jahr einen ehemaligen Schulkameraden meiner Abschlussklasse gesehen/getroffen… das lag aber nur daran, dass er wohl der Schwiegersohn meiner Vermieter ist.
Die Welt ist doch klein…

Wie sah das denn damals aus bei mir?

Schultechnisch war ich eineinhalb Jahre auf ’nem Gymnasium, um dann auf eine Realschule zu wechseln. Und waren wir in der Klasse im Gymnasium noch soweit alle ziemlich gleich alt, sah das in der Realschule anders aus. Denn dadurch, dass ich vor dem einmal-Sitzenbleiben gewechselt habe, war ich einer der wenigen Schüler_innen, die in der eigentlichen Altersstruktur der Klasse war. Von 30 waren wir vielleicht 10? Oder maximal 15. Doch ich tendiere eher zu 10.
10 Lernende, die so alt waren, wie es für eine Klasse 8 „normal“ ist. Alle anderen waren älter. Durch Ehrenrunden – und nach den Ehrenrunden erst vom Gymnasium auf die Realschule gewechselt. Oder einfach durch Ehrenrunden in der Realschule. Ich bin mir jetzt grad nicht sicher, ob welche von den Mitlernenden in meiner Altersgruppe eigentlich direkt dort auf die Realschule sind – oder ob alle von den Gymnasien heruntergespült wurden? Hm. Gut – bei etwa drei kann ich mir vorstellen, dass sie direkt in der Klasse nach der Förderstufe angefangen haben. Ansonsten bestand meine Klasse eigentlich damals hauptsächlich aus ‚gescheiterten Existenzen‘, wenn ich das jetzt mal so salopp sagen kann. Alleine mit mir kamen noch zwei oder drei andere in die Klasse. Alle von Gymnasien heruntergespült.

Bei meinem Abschluss war ich 16. Da waren bereits 5-6 von 30 über 18. Teilweise 19.

Ich muss der Klasse zugutehalten, dass sie mich in Kontakt mit dem Rollenspielen gebracht hat. Das Schönste diesbezüglich war eine Fußball-Schulsport-Veranstaltung, bei der Anwesenheitspflicht in der Sporthalle war. Wir waren vier oder fünf Leute aus der Klasse, die fürs Fußballspielen nicht gut genug waren… Nun, wir waren da, haben uns dann aber in die Vorhalle gesetzt und eine Runde D&D gespielt. Glaube ich. Kann auch DSA gewesen sein. Zumindest habe ich von ’nem Klassenkameraden seine erste DSA-Box abgekauft.

DAS ist geblieben.

Die Leute nicht.

Am Tag der Abschlusszeugnis-Ausgabe habe ich mir dieses Zeugnis geholt – und bin schon abends nicht mehr zur Abschlussfeier.
Ich habe den Schulhof verlassen – und nicht mehr zurückgeblickt. Auch wenn ich später dann doch an Klassentreffen teilgenommen habe – von denen das letzte aber bereits schon wieder Ewigkeiten her ist.
Nicht, dass dies wichtig wäre.

Ich frage mich, ob es anders gelaufen wäre, wäre ich auf dem Gymnasium geblieben? Da hätte ich die Menschen noch 3 Jahre länger um mich gehabt. (Mindestens. ;o))
Andererseits… Ich habe ab dem 16. Lebensjahr in einer Jugendtheatergruppe mitgemacht. Mit einem Jahr Bundeswehrunterbrechung bis ich 30 wurde. Von den Mitwirkenden dort hatte ich nur zu einer Mitspielerin noch einige Jahre losen Kontakt. Der ist inzwischen auch erloschen. Es ist also nicht gesagt, dass das Abitur etwas geändert hätte. *schulterzuck*

Wenn ich nun den Kaffeemaschinenmelker – Freund von GMS (erste große Erwähnung hier) – so sehe… bei einem Geburtstag letztens war zumindest noch ein guter Bekannte von ihm ein Abschlusskollege. Und das Geburtstagskind war wohl einen Jahrgang tiefer.

Gut, mein Abschluss ist bald 36 Jahre her. Bei ihnen ist das noch nicht so lange – doch lange genug.
Genug, um ins Nachdenken zu kommen.

Drachenechse – deren letztes Schuljahr ich quasi inaktiv begleiten durfte – hat inzwischen auch keine Kontakte mehr zu ihren, für sie damals wichtigsten, Mitlernenden. Einmal war es ein aktiver Kontaktabbruch, der Rest ist versandet.

Oh… wir kennen uns jetzt auch 18 Jahre.
:oO

Ich finde es erstaunlich, wie sich das so unterschiedlich entwickelt. Werner hätte ich dieses Jahr auch 31 Jahre gekannt.

Nun, GMS und Drummertier kenne ich inzwischen auch schon 22 Jahre. Da kam nämlich bei dem Geburtstag die Frage auf, wie wir uns alle kennen. Und die beiden habe ich bei einem Japanisch-Kurs der VHS Hanau kennengelernt. Und sie haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Jetzt schon 22 Jahre – auf viele weitere.

 

Wie bin ich denn drauf?

Eine Woche…

Anfang des Monats hatte ich ja darüber geschrieben, dass wir diesen Monat mehrere neue GMs für/als Aushilfe nehmen, da unser Haupt-GM leider wieder verhindert ist.

Denn eigentlich hätte er für 2 Wochen ins Krankenhaus gesollt, weil was von seinem letzten Besuch dort im Sommer nicht so heilen wollte.

Wie es halt manchmal so ist.

Als er im Sommer im Krankenhaus war, war er trotzdem in unserem Forum/Server sehr aktiv. Oder vielleicht deswegen. Weil ihm langweilig war. Das hatte er für diesen Termin auch befürchtet.
Langeweile.

Jetzt war es aber ganz seltsam, dass wir so gar nichts von ihm gehört haben.

Einerseits kann sich jemand ja auch mal zurückziehen und muss nicht ständig online oder live präsent sein. Das kann und will ich niemandem verwehren.
Wenn ich mal keine Lust habe, bin ich auch mal nicht online.
Aber wenn sich diese Offline-Tage häufen, obwohl ja eher Langeweile + damit verstärkte Onlinetätigkeit erwartet wurde… machen Menschen sich irgendwann Sorgen.

So hatte ich mit Drachenechse schon mehrmals geschrieben, irgendwann dann auch im Forum gefragt, ob jemand etwas von ihm gehört hat – und letzte Woche Freitag haben wir dann zu viert beschlossen, mal eine Mail an die Polizei zu schreiben, um zu fragen, was wir machen können.

Die Mail habe ich verfasst und abgeschickt, nach Rücksprache mit den anderen. Es kam auch eine Antwort, mit der Bitte um Anruf am nächsten Tag (Samstag), um darüber mal zu sprechen. Da ich am Samstag aber erstmal verhindert war, hat sich dann ein anderer Freund gekümmert.

Den Vormittag über wurde ich immer über den laufenden Stand informiert – was ich erst gesehen habe, als ich wieder zu Hause war.
Und um kurz vor 15 Uhr kam dann der Anruf des Freundes, dass die Polizei nun die Wohnung geöffnet – und unseren Freund tot in der Wohnung gefunden hat.

. . .

Die Information habe ich dann telefonisch an Drachenechse weitergeleitet, die die Nachricht schwer getroffen hat. Genauso wie meine beiden anderen Freunde.
Und ich?

Ich frage mich eigentlich, warum mich diese Nachricht nicht so mitgenommen hat?

Es war eher sowas wie „Gut, jetzt wissen wir wenigstens Bescheid.“ Aber mehr? Bei mir nicht viel. Da wäre ich eher für die anderen am Telefon dagewesen, als selbst jemanden zum Sprechen zu brauchen.

Ich frage mich: Wie bin ich denn drauf?
Was stimmt denn mit mir nicht?

Wenn ich eine letzte Vorstellung meines Lieblingsmusicals sehe, kann ich das Wasser gar nicht abstellen. Oder als ich mit Drachenechse zusammengezogen bin + meine alte Wohnung aufgegeben habe…

Aber wenn ein Freund stirbt?

Bei meinen Großeltern auch nicht…

Ich würde sagen, irgendwie stoisch – ‚Ist so und kann ich nicht ändern.‘

Was ist denn das für eine Einstellung?

Ich denke dann eher daran, wie wir jetzt mit unseren Rollenspielrunden weitermachen werden?

Ist das meine einzige Sorge?!

Geht’s noch?

Das es die anderen schwer mitgenommen hat, kann ich voll verstehen.
Da finde ich eine Frage dann eher… unpassend.
„Wieso kann einen das so mitnehmen – es ist doch ’nur‘ ein Freund?“

Nun – ich kann Trauer für einen Freund eher erstehen, als für manchen Mensch aus der Familie.
Denn einen Freund hat mensch sich ausgesucht, sich konkret + aktiv FÜR diese Freundschaft entschieden.
Familie? Die hat mensch, ohne dass er/sie konkret etwas dafür kann.

So würde ich von mir behaupten, dass mir einige Freundschaften wichtiger sind als familiäre Verbindungen.

Deswegen, Gefühle für Freunde niedriger zu werten als für Mitglieder der Familie… nee.

Auch wenn ich jetzt also nicht in Tränen „zerflossen“ bin… ich denke, das Gefühl des Verlustes wird sich auch hin und wieder bei mir melden.

29 Jahre sind doch eine nicht unbedeutende Zeitspanne.

Gemeinsames Lästern; ihm nach einer Aufführung noch in voller Maskerade anschmachten, um seine Homophobie ein wenig zu triggern…; beim gemeinsamen Besuch einer Wrestling-Veranstaltung zusammen mit ihm „die Bösen“ anfeuern und so RICHTIG Stimmung in die Bude bringen…; Magic-Abende auf dem Balkon…

Kein Treffen mehr, um zusammen Essen zu gehen und zu quatschen – auch wenn es schon ein paar Jahre her war, das wir dies getan haben. Genau wie fast alles andere auch.

Keine Rollenspiele mehr zusammen.

Und es hat tatsächlich nie geklappt, dass ich mal für ihn leiten durfte.

*SFZ*

Und jetzt werden wir sehen, wie wir weitermachen.
Und wir wollen weitermachen.

Der Kontakt zur Familie steht. Jetzt heißt es abwarten, wann + wie es werden wird von wegen der Beerdigung. Es wollen wohl so einige kommen. Nur ob dies geht?

Letzter Stand war 5 Leute bei der Beerdigung.
Genauso, wie ich jetzt bei der Konfirmation meiner Neffen gerne meinen Platz in der Kirche zur Verfügung stelle, würde ich das auch für die Beerdigung tun. Doch ich würde dann gerne danach gleich ans Grab.

So gerne ich ihm „die Ehre“ erweisen möchte – ich denke, es wäre ihm gleich. Von daher reicht mir, dann nach dem Grab zu sehen.

Und ich würde ihm gerne einen hölzernen 20-seitigen Würfel mit auf den Weg geben. Habe aber bis jetzt nur 6-seitige hölzerne Würfel gefunden. Und ich denke nicht, dass ich bis dahin einen geschnitzt bekomme.

Hm…

Da bleibt noch so einiges zu klären.

Ich vermute, dass ich Euch darüber dann auch informieren werde.

Bis dahin…

sage ich hier jetzt fürs Erste:

 

Banane – mach’s gut.

Es war schön, dich gekannt zu haben.

Und das Rudel würde gerne zu Ehren des „Einsamen Wolfes“ zusammenkommen.